2021
4.8 Inch monitor 1366×768 Pixel, aluminium distance frame
with passepartout, Mirogard museum glass with anti-reflective coating
50×40×2.8 cm
Quicktime Movie, 1080x1440 Pixel, H264 Codec
54:41 Min. in loop
or
3281 movies to 1 sec.
ED 3 + 1AP
Führende Politikerinnen und Politiker aus 193 Mitgliedstaaten haben im Jahr 2015 im Rahmen der Vereinten Nationen 17 gemeinsame Nachhaltigkeitsziele (Goals) verabschiedet, die bis 2030 erfüllt werden sollen. Ziel der Agenda-2030 ist es, extreme Armut zu bekämpfen, die Lebensverhältnisse aller Menschen langfristig und dauerhaft zu verbessern und unseren Planeten Erde zu schützen. Die Sustainable Development Goals verbinden dabei drei Ebenen von Nachhaltigkeit, die untrennbar miteinander verknüpft sind und sich gegenseitig beeinflussen – Soziales, Umwelt und Wirtschaft.
Matthias Gubler nimmt die oben geschilderten Nachhaltigkeitsziele auf und visualisiert diese, indem er jedem Mitglied 17 Stock-Footage Clips mit einer Dauer von jeweils einer Sekunde zuteilt, wodurch 3'281 Videoclips entstehen. Die Gesamtdauer des Films beträgt rund 60 Minuten. Die Videoclips werden im Random-Modus durchmischt und nacheinander mit hartem Cut geschnitten. Der Videoclip präsentiert sich auf einem sehr kleinen Monitor, der mit einem Passepartout versehen und einem grossen weissen Rahmen präsentiert wird. Mit der eigens für die Ausstellung konzipierten Arbeit IMAGINARY PARADISE möchte der Künstler aufzeigen, dass wir immer schon in einer traumtänzerischen, artifiziellen Welt leben – genauer gesagt: unsere Vorstellung von Welt ist immer schon von medialen Bildern, wie solchen aus Stock-Footage-Datenbanken geprägt. Diese Bildwelten zeigen uns vorwiegend Impressionen von Freude, Glück, Gesundheit, Schönheit, Gleichstellung, Reichtum, ewiger Jugend und viele Themenbereiche mehr. In stilisierter und überzeichneter Form suggerieren diese Bildwelten damit genau viele Aspekte, welche die 17 Nachhaltigkeitsziele zu erreichen suchen.
Die Formsprache der Arbeit zeigt sich in uns vertrauten rasanten Cuts des Videomaterials, weshalb es uns nicht möglich ist, sämtliche Bilder zu erfassen, respektive gar allererst zu reflektieren oder in Verbindung miteinander zu stellen. Dieses Moment der Wahrnehmungsirritation bzw. ein bildnerisches Konglomerat nicht in seiner Gesamtheit wahrnehmen zu können, wird durch die Präsentationsweise der Arbeit noch verstärkt: Der kleine Monitor und der im Verhältnis dazu gross gehaltene Bildrahmen, welcher mit einem Glas versehen wird, verunmöglichen das eindeutige Erkennen der Bewegtbilder immerzu und veranschaulichen uns hierdurch unsere immer schon „gerahmte“ Wahrnehmungsweise. Gubler gelingt es in Analogie zu den vermeintlich als dokumentarische Zeitzeugen fungierende Stock-Footage Bildern den Betrachter*innen eine auch schon „gerahmte“ Momentaufnahme des neoliberalistischen Westens.
Es ist genau diese sich in unserer Wahrnehmung nicht eineindeutig definierbare Anschauungsweise die den Videocollagen weitere Bedeutungsebenen ihre Vielschichtigkeit ermöglichen. Kennen wir dieses Gefühl nicht alle? Man möchte gerne vorwärtsschreiten, und dennoch scheint man immer an der gleichen Stelle zu treten, irgendwie geht es einfach nicht vorwärts. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vermengen sich zu einem scheinbar nicht zu unterscheidenden Ganzem. Haben wir uns ein Ziel gesetzt, wollen mit allen möglichen Mitteln dorthin gelangen und scheinen fortlaufend und immer wieder von Neuem zu scheitern, stillzustehen, dann scheint der Moment gekommen zu sein, in dem wir in uns Ruhen, uns auf das Wesentliche konzentrieren und uns selbst reflektieren. Genau dies machen die bewegenden Bilder von Gubler wahrnehmbar und Fragestellungen wie „Können wir nicht etwas von unserem Reichtum an andere abtreten? Ist die Resolution bloss Schein und soll von unserem schlechten Gewissen ablenken? Geht es uns wirklich gut oder müssten nicht gerade für uns neue goals formuliert werden?“, aufgeworfen.
Wir alle sind Teil dieser Welt, wir alle sollten und selbstreflexiv und individuell Gedanken zu einem nachhaltigen Leben machen, und auch wenn es sich nichts zu bewegen scheint, nichts zu einer besseren Welt zu entwickeln scheint – die Bilder bewegen sich unaufhaltsam.
Text: Nadja Borer
2021
4.8 Inch monitor 1366×768 Pixel, aluminium distance frame
with passepartout, Mirogard museum glass with anti-reflective coating
50×40×2.8 cm
Quicktime Movie, 1080x1440 Pixel, H264 Codec
54:41 Min. in loop
or
3281 movies to 1 sec.
ED 3 + 1AP
Die Formsprache der Arbeit zeigt sich in uns vertrauten rasanten Cuts des Videomaterials, weshalb es uns nicht möglich ist, sämtliche Bilder zu erfassen, respektive gar allererst zu reflektieren oder in Verbindung miteinander zu stellen. Dieses Moment der Wahrnehmungsirritation bzw. ein bildnerisches Konglomerat nicht in seiner Gesamtheit wahrnehmen zu können, wird durch die Präsentationsweise der Arbeit noch verstärkt: Der kleine Monitor und der im Verhältnis dazu gross gehaltene Bildrahmen, welcher mit einem Glas versehen wird, verunmöglichen das eindeutige Erkennen der Bewegtbilder immerzu und veranschaulichen uns hierdurch unsere immer schon „gerahmte“ Wahrnehmungsweise. Gubler gelingt es in Analogie zu den vermeintlich als dokumentarische Zeitzeugen fungierende Stock-Footage Bildern den Betrachter*innen eine auch schon „gerahmte“ Momentaufnahme des neoliberalistischen Westens.
Es ist genau diese sich in unserer Wahrnehmung nicht eineindeutig definierbare Anschauungsweise die den Videocollagen weitere Bedeutungsebenen ihre Vielschichtigkeit ermöglichen. Kennen wir dieses Gefühl nicht alle? Man möchte gerne vorwärtsschreiten, und dennoch scheint man immer an der gleichen Stelle zu treten, irgendwie geht es einfach nicht vorwärts. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vermengen sich zu einem scheinbar nicht zu unterscheidenden Ganzem. Haben wir uns ein Ziel gesetzt, wollen mit allen möglichen Mitteln dorthin gelangen und scheinen fortlaufend und immer wieder von Neuem zu scheitern, stillzustehen, dann scheint der Moment gekommen zu sein, in dem wir in uns Ruhen, uns auf das Wesentliche konzentrieren und uns selbst reflektieren. Genau dies machen die bewegenden Bilder von Gubler wahrnehmbar und Fragestellungen wie „Können wir nicht etwas von unserem Reichtum an andere abtreten? Ist die Resolution bloss Schein und soll von unserem schlechten Gewissen ablenken? Geht es uns wirklich gut oder müssten nicht gerade für uns neue goals formuliert werden?“, aufgeworfen.
Wir alle sind Teil dieser Welt, wir alle sollten und selbstreflexiv und individuell Gedanken zu einem nachhaltigen Leben machen, und auch wenn es sich nichts zu bewegen scheint, nichts zu einer besseren Welt zu entwickeln scheint – die Bilder bewegen sich unaufhaltsam.
Führende Politikerinnen und Politiker aus 193 Mitgliedstaaten haben im Jahr 2015 im Rahmen der Vereinten Nationen 17 gemeinsame Nachhaltigkeitsziele (Goals) verabschiedet, die bis 2030 erfüllt werden sollen. Ziel der Agenda-2030 ist es, extreme Armut zu bekämpfen, die Lebensverhältnisse aller Menschen langfristig und dauerhaft zu verbessern und unseren Planeten Erde zu schützen. Die Sustainable Development Goals verbinden dabei drei Ebenen von Nachhaltigkeit, die untrennbar miteinander verknüpft sind und sich gegenseitig beeinflussen – Soziales, Umwelt und Wirtschaft.
Matthias Gubler nimmt die oben geschilderten Nachhaltigkeitsziele auf und visualisiert diese, indem er jedem Mitglied 17 Stock-Footage Clips mit einer Dauer von jeweils einer Sekunde zuteilt, wodurch 3'281 Videoclips entstehen. Die Gesamtdauer des Films beträgt rund 60 Minuten. Die Videoclips werden im Random-Modus durchmischt und nacheinander mit hartem Cut geschnitten. Der Videoclip präsentiert sich auf einem sehr kleinen Monitor, der mit einem Passepartout versehen und einem grossen weissen Rahmen präsentiert wird. Mit der eigens für die Ausstellung konzipierten Arbeit IMAGINARY PARADISE möchte der Künstler aufzeigen, dass wir immer schon in einer traumtänzerischen, artifiziellen Welt leben – genauer gesagt: unsere Vorstellung von Welt ist immer schon von medialen Bildern, wie solchen aus Stock-Footage-Datenbanken geprägt. Diese Bildwelten zeigen uns vorwiegend Impressionen von Freude, Glück, Gesundheit, Schönheit, Gleichstellung, Reichtum, ewiger Jugend und viele Themenbereiche mehr. In stilisierter und überzeichneter Form suggerieren diese Bildwelten damit genau viele Aspekte, welche die 17 Nachhaltigkeitsziele zu erreichen suchen.
Text: Nadja Borer